Racibor und Astrid - oder eine große Jugendliebe
Das ist die Geschichte zweier junger Menschen, die wahrscheinlich ewig aufeinander warten würden.
In Raciana, dem Kleinstädtchen, oberhalb des großen Wasserfalles bei Gostovia, aus dem wir schon einmal früher berichteten, erzählt man sich immer wieder diese bewegende Geschichte.
Racibor, der Sohn des vielgeschätzten und über die Stadtgrenzen hinaus beliebten Gründungsvaters Racimir, brachte von seinen Streifzügen durch unsere herrlichen Wälder ein Mädchen mit ins Dorf, welches von Racimir in seiner Güte und auf Wunsch seines geliebten Sohnes in die Gemeinschaft aufgenommen wurde. Racibor, der zu dieser Zeit gerade mal 14 Lenze zählte, hatte sich unsterblich in dieses hübsche, aber 10 Jahre ältere Mädchen verliebt. Astrid leistete sehr gute Arbeit und ward bald ein nicht- mehr- wegzudenkendes Mitglied der Gemeinschaft. Sie arbeitete im Holzschuppen und an jedem Tag kam Racibor vorbei, um sich nach ihr zu erkundigen, manchmal mit einem Strauß selbst gepflückter Wiesenblumen. Astrid aber sah ihn zu der Zeit nur als Freund, dem sie eine neue Heimat verdankte. Racimir sah die Leiden seines unglücklich verliebten Sohnes mit großer Besorgnis und schlug ihm viele nette Mädels in seinem Alter vor, die allesamt nicht nur hübsch, sondern auch in allen Bereichen gute Fähigkeiten besaßen, also beste Voraussetzungen, um einmal die "first lady" an der Seite seines Sohnes zu werden. Aber Racibor zeigte keinerlei Interesse, schwelgte weiter in seinen Träumen und besuchte Astrid weiterhin jeden Tag.
Racibor wurde älter. Aus dem verliebten Kind wurde ein liebender Mann. Immer noch besuchte er Astrid täglich und aus dem Blumenstrauß wurde mal eine Flasche Beerenwein oder ein süßer Met, eine vom Händler gekaufte Kette oder eine gefundenes Fläschchen Parfüm. Und, wie heißt es so schön: " steter Tropfer höhlt den Stein". Auch die hübsche Astrid, mittlerweile 28, konnte dem hartnäckigen und äußerst charmanten Verehrer nicht länger widerstehen und verliebte sich allmälig in den stattlichen jungen Mann mit den verschiedenfarbigen Augen.
Racimir wollte sich zwar zur Ruhe setzen und mit seiner geliebten Jadwiga nur noch ein beschauliches Leben führen, aber das Glück seines teuren Sohn war ihm so viel wert, dass er die Geschäfte der Stadt noch weiter führte und dem jungen Liebesglück Zeit ließ, in Ruhe zu wachsen. Er errichtete bei Hornica, in den Bergen beim kleinen See, einen Stadtteil, allein für die junge Generation und, mit Blick auf den See, ein schönes Haus für Racibor und seine Astrid. Er sah immer mehr, dass die beiden zusammenwuchsen und so schickte er Astrid in sämtliche Gewerke seines Städtchens, damit sie alle Tätigkeiten so gut, wie möglich, erlernte.
Racibor und Astrid zogen in das schöne neue Haus. Zusammen mit anderen jungen Leute, die nun 18 geworden waren, bevölkern sie ab nun den neuen Stadtteil.
Zwei Winter gingen ins Land und aus den beiden Turteltauben wurde ein glückliches Ehepaar. War das ein Fest! Es war ein riesiges Hochzeitsfest. Racimir hatte alle eingeladen, selbst Menschen aus den umliegenden Dörfer kamen herbei, um der Hochzeit des Sohnes eines Mannes beizuwohnen, der so viel, nicht nur für seine Stadt, sondern auch für seine Nachbarn, getan hat, der immer ein offenes Ohr für jede Belange hat und dem kein Weg dafür zu weit und zu gefährlich ist. Es war ein rauschendes Fest, von dem heute noch im Tal mit Freuden erzählt wird.
Mittlerweile ist Astrid schwanger und erwartet den Enkel des Mannes, der so viel bereit war, allen zu geben und der ihr wieder Heimat und Perspektive gab. Racibor ist jetzt, gemeinsam mit seinem geliebten Eheweib, bereit, sich den Anforderungen zu stellen und das Erbe zu übernehmen, damit sein Vater Racimir noch ein paar ruhige, schöne Jahre verleben kann, um das zu tun, was er gern möchte.